EU-Taxonomie einfach erklärt: Kriterien, Berichtspflicht und Umsetzung
Was ist die EU-Taxonomie?
Die EU-Taxonomie-Verordnung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Offenlegungsverordnung (SFDR) bilden die zentralen Säulen des europäischen Rahmens für nachhaltige Finanzberichterstattung. Ziel dieses Rahmens ist es, einen einheitlichen, verlässlichen und vergleichbaren Informationsfluss über ESG-Themen (Umwelt, gesellschaftliche Aspekte und verantwortungsvolle Unternehmensführung) entlang der Finanz- und Unternehmenswelt zu schaffen.
Die EU-Taxonomie dient in diesem Zusammenhang als Klassifikationssystem, mit dem wirtschaftliche Tätigkeiten dahingehend bewertet werden, ob sie ökologisch nachhaltig sind und einen Beitrag zu einem oder mehreren der definierten Umweltziele leisten.
Unternehmen erhalten damit eine objektive Bewertungsgrundlage, die eine einheitliche Einschätzung im Rahmen von Sustainable Finance (Nachhaltigkeit im Finanzsystem) ermöglicht – insbesondere mit Blick auf Finanzierungsentscheidungen und ESG-Ratings.
Seit 2022 müssen Unternehmen berichten, inwiefern ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten zu den folgenden zwei Umweltzielen beitragen:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
Seit 2024 gelten zusätzlich Berichtsanforderungen für vier weitere Umweltziele:
- nachhaltige Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen
- Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung von Umweltverschmutzung
- Schutz der Biodiversität
Eine Tätigkeit gilt als „taxonomiekonform“, wenn sie:
- einen wesentlicher Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leistet,
- keine erhebliche Beeinträchtigung der übrigen Umweltziele gemäß technischer Bewertungskriterien verursacht (Grundsatz „Do No Significant Harm“, DNSH) und
- soziale Mindestschutzstandards einhält, darunter:
o die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
o die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
o die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
Wer ist von der EU-Taxonomie-Berichtspflicht für Unternehmen betroffen?
Berichtspflichtig im Sinne der EU-Taxonomie sind:
- Unternehmen, die bereits unter das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) oder die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fallen
- Finanzmarktteilnehmende gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR)
Das bedeutet:
Bereits heute sind alle großen kapitalmarktorientierten Unternehmen nach CSR-RUG sowie künftig alle unter die CSRD fallenden Unternehmen verpflichtet, über den Taxonomie-Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionsausgaben (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) zu berichten. Auch Finanzmarktakteure – darunter Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften – müssen ihre Produkt- und Unternehmensaktivitäten taxonomiekonform offenlegen.
Der Anwenderkreis wird derzeit im Zuge der sogenannten „Omnibus-Initiative“ überarbeitet. Diese Initiative beinhaltet die Anpassung verschiedener EU-Rechtsakte – unter anderem die Schwellenwerte der CSRD (Anzahl der Mitarbeitenden, Umsatz, Bilanzsumme), die künftig darüber entscheiden, ob ein Unternehmen in den Anwendungsbereich der EU-Taxonomie fällt. Darüber hinaus sieht die Omnibus-Initiative gezielte Maßnahmen zur Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Anwendung der EU-Taxonomie selbst vor. Ziel ist es, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die erstmals berichtspflichtig werden, den administrativen Aufwand zu reduzieren und die Anwendung der Taxonomiekriterien zu erleichtern.
Ab wann gilt die EU-Taxonomie?
Die EU-Taxonomie-Verordnung ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. Die ersten verpflichtenden Berichterstattungen sind seit dem 1. Januar 2022 umzusetzen. Mit der Einführung der CSRD wird der betroffene Kreis schrittweise ausgeweitet.
Im Rahmen des Omnibus-Verfahrens der EU könnten sich auch die Fristen für Unternehmen der zweiten und dritten Umsetzungswelle verschieben. Die sogenannte „Stop-the-Clock“-Richtlinie bezieht sich jedoch nicht explizit auf die EU-Taxonomie – anders als etwa im Fall der CSRD oder der CSDDD. In diesem Zusammenhang ist daher auf mögliche Änderungen an der EU-Taxonomie-Verordnung hinzuweisen, die sich im Zuge des Omnibus-Verfahrens ergeben könnten.
Wie kann eine DNK-Erklärung zu dieser Berichtspflicht beitragen?
Um allen berichtspflichtigen Unternehmen der Real- und Finanzwirtschaft eine Möglichkeit zur Berichterstattung zu bieten, wurde der DNK um eine zusätzliche Berichtsoption zur EU-Taxonomie erweitert. Die Umsetzung im DNK wurde wissenschaftlich begleitet und juristisch geprüft. Der DNK macht keine inhaltlichen Vorgaben, welche Taxonomie-Angaben zu veröffentlichen sind oder wie die Darstellungen zu erfolgen haben. In der DNK-Datenbank wurde eine flexible Möglichkeit geschaffen, die nach der EU-Taxonomie-Verordnung jeweils individuell erforderlichen Angaben zu veröffentlichen.
Umsetzung in der DNK-Datenbank
Wenn Sie Angaben im Sinne der EU-Taxonomie machen möchten, wählen Sie in Ihrer Erklärung die entsprechende Einstellung unter „Allgemeine Informationen“ aus. Nach den Kriterien 11-13 („Umweltbelange“) werden Ihnen dann zusätzliche Inhalte in der Datenbank angezeigt.
Folgende Aspekte sind in der Taxonomie-Einbindung im DNK berücksichtigt:
- Die zu veröffentlichenden Taxonomie-Leistungsindikatoren (KPI) können unternehmensspezifisch und in Tabellenform dargestellt werden.
- Der verfolgte Ansatz und die Prozessbeschreibungen (insbesondere die qualitativen Angaben im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung) können in Textform beschrieben werden.
- Nach der Taxonomie-Verordnung relevante Anlagen (z. B. Meldebögen) können in die Datenbank hochgeladen und dort mit der DNK-Erklärung veröffentlicht werden.
- Die Inhalte der Punkte 1 und 2 erscheinen im PDF der finalen und vom DNK-Büro freigegebenen DNK-Erklärung nach den Kriterien 11-13 („Umweltbelange“). Hochgeladene Anlagen aus Punkt 3 erscheinen als Link zu einem gesonderten Dokument sowie als Anhang am Ende des PDF-Dokuments.
Die beschriebene Ausgestaltung der DNK-Datenbank erlaubt es allen berichtspflichtigen Unternehmen, die von ihnen zu veröffentlichenden Informationen und Leistungsindikatoren einheitlich einzugeben. Sowohl Nicht-Finanzunternehmen, die Angaben zu Investitionsausgaben (Capex), Betriebsausgaben (Opex) und Umsatzerlösen machen müssen, als auch Finanzunternehmen mit den Asset-orientierten Angaben (u.a. der Green Asset Ratio), individualisieren in der DNK-Datenbank selbst, welche Angaben sie jeweils mit Blick auf ihre EU-Taxonomie-Pflichten veröffentlichen.
Die Berichtsoption in der DNK-Datenbank ist dabei bewusst offen gestaltet. Nicht-Finanzunternehmen und Finanzunternehmen verwenden dieselbe Eingabefläche – unabhängig davon, welche Leistungsindikatoren (KPI) und welche qualitativen Angaben zu veröffentlichen sind.
Mit dem DNK kann auch in Zukunft im Sinne der EU-Taxonomie berichtet werden: Der Vergleich von Leistungsindikatoren mehrerer Berichtsjahre ist ebenso möglich wie eine Darstellung von zusätzlich zu berichtenden Leistungsindikatoren, qualitativen Angaben und sonstigen Erläuterungen in den kommenden Jahren.
Umsetzung in der neuen DNK-Plattform
Der DNK entwickelt aktuell eine Berichtsoption zur EU-Taxonomie. Ziel ist, Unternehmen bei der strukturierten Erfassung und Darstellung taxonomierelevanter Inhalte zu unterstützen. Diese Entwicklung ist eng verknüpft mit der Schnittstelle zur CSRD und der ESRS-Berichterstattung sowie dem EU-Omnibus-Verfahren. Der entstehende DNK Taxonomie-Bericht wird die regulatorischen Anforderungen praxisnah integrieren.
Weitere Hintergrundinfos
Fragen zur EU-Taxonomie?
Bei inhaltlichen Fragen zur EU-Taxonomie wenden Sie sich bitte an Ihre Rechtsabteilung, Branchenverband o.Ä. Eine individuelle inhaltliche Beratung zur EU-Taxonomie-Verordnung kann aufgrund unternehmensspezifischer Anforderungen vom DNK-Büro nicht angeboten werden.
Wissenschaftlich begleitete und juristisch geprüfte Integration in den DNK
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) hat ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, das den DNK im Kontext der aktuellen EU-Nachhaltigkeitsregulierungsmaßnahmen sowie der SDGs als internationalen Referenzrahmen betrachtet. Das Gutachten wurde von Prof. Dr. Kerstin Lopatta (Universität Hamburg) erstellt. Hierbei wurde auch die Möglichkeit zur Integration der EU-Taxonomie in den DNK betrachtet. Das Gutachten bestätigt, dass der DNK dazu geeignet ist, eine Berichtsoption zur EU-Taxonomie zu integrieren, und dass eine solche Option hilfreich für Unternehmen sein kann.
Entsprechend hat der RNE den DNK um Angaben zur EU-Taxonomie erweitert und eine optionale Berichtsmöglichkeit nach den Kriterien 11–13 („Umweltbelange“) geschaffen. Diese Umsetzung wurde juristisch geprüft. Die juristisch gutachterliche Stellungnahme dazu wurde von Herrn Andreas Hecker, Rechtsanwalt LL. M. oec. bei Hoffmann Liebs Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, erstellt.
Die juristisch gutachterliche Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass die Verortung mit Blick auf die einzelnen Kriterien des DNK sachgemäß und schlüssig ist und mit dem DNK eine Berichterstattung zur EU-Taxonomie-Verordnung möglich ist. Das Gutachten hält fest, dass durch die Einbettung der künftig erforderlichen EU-Taxonomie-Angaben im Anschluss an die weiteren Ausführungen zu den Umweltbelangen in die entsprechenden Erklärungen, ein sinnvoller Kontext geschaffen und zugleich ein einheitlicher Standard für die nach dem DNK berichtenden berichtspflichtigen Unternehmen etabliert wird.
Berichtspflichtige Unternehmen können also im Sinne des CSR-RUG und der EU-Taxonomie-Verordnung auch weiterhin für die Erstellung ihre nichtfinanziellen Erklärungen und nichtfinanziellen Berichte auf den Deutschen Nachhaltigkeitskodex zurückgreifen.
Nützliche Links und Ressourcen
Weitere Hilfestellung finden Sie unter den folgenden Links.
- Häufige Fragen zu den technischen Bewertungs- und DNSH-Kriterien der zwei klimabezogenen Umweltziele (20.10.2023)
- Häufige Fragen zur Berichterstattung nach Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung (20.10.2023)
- Berichtsbögen der EU-Kommission (27.06.2023)
- Taxonomie-Navigator der Europäischen Kommission
- Briefing Paper des DRSC zur UmwelttaxonomieVo: Berichtspflichten für Nicht-Finanzunternehmen (November 2023)
- Case Study der EnBW zur EU-Taxonomie